Brennwert Heizung – Wirkungsgrad
Dr. Engin Bagda
Einleitung
Heizungen mit der der Brennwerttechnik haben einen höheren Wirkungsgrad als „alte Heizungen“, indem der im Abgas enthaltene Wasserdampf am Rücklauf unter den Taupunkt abgekühlt und damit zum Vorwärmen des Vorlaufs, wie in Abbildung 1 schematisch dargestellt, genutzt wird (weiterführende Informationen siehe: Brennwertkessel – Wikipedia ).
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Brennwerttechnik aus Brennwerttechnik von KLB-Klimaleichtblock - KLB
In diesem Aufsatz wird im Eigenversuch untersucht, wie der Wirkungsgrad der Brennwertheizung von der Lufttemperatur außen abhängt. Hierfür wurde die Menge an kondensierendem Wasser sowie der Gasverbrauch teilweise im Stundentakt bestimmt. Das untersuchte Heizungssystem besteht aus einer Brennwert-Gastherme (Kessel) und Heizkörpern.
Die kondensierende Menge an Wasserdampf ist von folgenden Parametern abhängig:
- Temperatur des Rücklaufs, diese ist abhängig von der
- Temperatur des Vorlaufs, diese ist abhängig von der
- Lufttemperatur außen über die Heizkennlinie, diese gibt den
- Gasverrauch in kWh vor.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Einspareffekt an Gas mit der Nachtabsenkung der Heizung von 22:00 bis 06:00 Uhr analysiert.
Zusammenfassung
Es wurde festgestellt, dass bei Lufttemperaturen zwischen -5 °C und 15 °C die genutzte Kondensationswärme des Wasserdampfes in den Abgasen 25% bis zu 60% beträgt. Je höher die Lufttemperatur außen, umso größer der Wirkungsgrad und umgekehrt.
Der Wirkungsgrad der Brennwertheizung nimmt mit fallender Lufttemperatur und damit steigender Vorlauftemperatur ab.
Die Einsparung mit Veränderung der Heizkennlinie ist rechnerisch im mittleren 1-pronzentigen Bereich möglich. Die Einsparung mit einer Nachtabsenkung ist im unteren 2-stelligen Bereich. Diese Aussagen sind für eine Brennwert-Gastherme mit Abgabe der Wärme in die Räume über Heizkörper. Fußbodenheizungen sollten sich anders verhalten.
Theoretisches:
Erdgas besteht überwiegend aus Methan CH4. Bei der Gasabrechnung wird als Heizwertbezogener Emissionsfaktor 0,20088 kg CO2/kWh angegeben. Ausgehend von der chemischen Gleichung
CH4 + 2O2 -> CO2 + 2H2ODampf
bedeutet, dass beim Verbrennen von Erdgas pro kWh 0,164 kg (Liter) flüssiges Wasser als Kondensat entsteht. Diese 0,164 Liter Wasser/kWh Gas werden im weiteren Verlauf des Textes als „Brennwerteffekt“ bezeichnet. Das entspricht etwa 10% des Heizwertes des Erdgases.
Brennwertheizungen, bei denen der kondensierende Wasserdampf aus den Abgasen zum Aufwärmen des Vorlaufs genutzt wird, können demnach maximal 10% zum Wirkungsgrad des Heizwertes beitragen. Die Messung des Wirkungsgrades einer Brennwertheizung unter „Laborbedingungen“ ist in der DIN 4702-6:1990-03 (D) „Heizkessel; Brennwertkessel für gasförmige Brennstoffe“ beschrieben. Um Praxiswerte zu erhalten, wurde im weiteren Text unten als Wirkungsgrad das Verhältnis des kondensierten Wassers zur theoretisch möglichen Menge an Wasserdampf von 0,164 Liter/kWh Erdgas bezeichnet. (Gleichung 1). Bei einem Wirkungsgrad von 100% ist der „Brennwerteeffekt“ 1,15 kWh/m³.
\(Wirkungsgrad = {{Kondenswasser {Liter \over h}} \over Gasverbrauch {kwh \over h} {\cdot} 0,164 {Liter \over kwh}} [\% ] \qquad(1)\)
Wird nicht der ganze Wasserdampf kondensiert und geht ein Teil mit den anderen Abgasen durch den Schornstein „verloren“, nimmt der Wirkungsgrad ab. Der ungenutzte Wasserdampf ist der oft an kalten Tagen sichtbare weiße „Rauch“ der aus dem Schornstein steigt. Eine gute Erklärung zum Wirkungsgrad ist in energieverbraucher.de | Jahresnutzungsgrad nachzulesen.
Messungen
Die Messungen erfolgten im Zeitraum vom 26.12.2024 bis 07.01.2025.
Das kondensierende in den Abfluss abgeleitete Wasser wurde aufgefangen und die Menge mit einem Messzylinder bestimmt.
Die Vorlauf- und Rücklauftemperatur wurde mit digitalen Temperatursensoren Typ DS18B20 mit Hilfe eines Arduino gemessen und gespeichert.
Die Lufttemperatur außen wurde aus dem Internet Luftmessstelle Darmstadt | Messdatenportal verwendet und am Objekt mit Temperatursensoren 2 m über dem Boden und 10 cm von der Wand, abstrahlungsgeschützt gemessen.
Der Gasverbrauch wurde in m³ vom Zähler abgelesen und mit dem Faktor 11,5 kWh/m³ multipliziert, der in der Abrechnung für den Verbrauch an Erdgas für 2024 angegeben ist.
Die Messungen mit dem Arduino erfolgten im Takt von 5-Minuten, die anderen Messungen in Zeiträumen zwischen 1 Stunde und 8 Stunden (Nachtabsenkung 22:00 bis 06:00 Uhr).
Die Heizkennlinie der Brennwert-Gastherme hatte eine Steigung von 1,8 und ein Niveau von 20 °C und wurde während der Messungen nicht verändert.
Die Lufttemperatur innen war zwischen 08:00 und 22:00 Uhr 21°C bis 22°C. Nach der Nachtabsenkung um 06:00 morgens immer >20 °C. Es dauerte etwa 2 Stunden bis die Lufttemperatur innen wieder >21°C erreicht hatte.
Messergebnisse Gasverbrauch
Der Gasverbrauch und die Lufttemperatur außen sind in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 2: Gasverbrauch in kWh/h und stündliche Lufttemperatur außen von der Luftmessstelle Darmstadt | Messdatenportal
Der Gasverbrauch in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen ist in Abbildung 2 grafisch dargestellt.
Abbildung 3: Der stündliche Gasverbrauch in kWh/h in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen (Werte aus Abbildung 1) rot: Werte während der Nachtabsenkung
Ergebnisse
- Wie erwartet steigt mit fallender Lufttemperatur außen der Gasverbrauch (Abbildung 3). Die Werte des Gasverbrauchs in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen zeigen in Abbildung 3 eine große Streuung. Diese Streuung wurde auch mit Tagesmittelwerten in Heizkosten, Überprüfen von Sparmaßnahmen - Heizen-Kühlen-Sparen festgestellt. Das Zeigt, dass neben der Lufttemperatur außen auch andere Faktoren, wie die solare Einstrahlung sowie Wind durch die Luftwechselrate den Heizwärmeverbrauch beeinflussen.
- Zwischen 22:00 und 06:00 Uhr, während der Nachtabsenkung, war der Gasverbrauch in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen bis 2 kWh/h. Dieser Wert wird erreicht, wenn vor 06:00 Uhr Warmwasser zubereitet wurde (roten Punkten in Abbildung 3). Sonst ist der Wert unter 1 kWh/h.
- Zwischen 06:00 und 08:00 Uhr, nach der Nachtabsenkung, war der Gasverbrauch während des Aufheizens des Heizsystems etwa 4 kWh/h höher als im Zeitraum von 08:00 bis 22:00 Uhr.
- Zwischen 08:00 und 22:00 Uhr war der Gasverbrauch in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen 8 kWh/h bis 10 kWh/h.
- Ohne Nachtabsenkung wäre der Gasverbrauch im beobachteten Zeitraum zwischen 190 kWh/Tag und 240 kWh/Tag. Mit der Nachtabsenkung zwischen 150 kWh/Tag und 170 kWh/h Tag. Das entspricht einer Ersparnis von 20 % bis 30 %, was auch über den Gasverbrauch über 2 Jahre am gleichen Objekt festgestellt wurde (siehe Abbildung 4 in Heizkosten, Überprüfen von Sparmaßnahmen - Heizen-Kühlen-Sparen )
Kondenswasser
Die gemessenen Mengen an Kondenswasser Liter/h sind in Abbildung 4 grafisch dargestellt.
Abbildung 4: Menge an kondensiertem Wasser in Liter/kWh
Die kondensierte Menge an Wasserdampf ist während der Nachtabsenkung bis zu 0,2 Liter/Stunde. Dieses resultiert zum Teil aus dem „Frostschutz“ der Heizung bei zu tiefen Nachttemperaturen und zum Teil aus der Warmwasserzubereitung, wenn nachts das Warmwasser auf 55°C aufgeheizt wird.
Wirkungsgrad
Aus der kondensierten Menge an Wasser wurde nach Gleichung 1 der Wirkungsgrad der Heizung mit den Werten aus Abbildung 4 berechnet und in Abbildung 5 grafisch dargestellt. Zum Verständnis der Abhängigkeit des Wirkungsgrades von der Lufttemperatur außen, ist diese in die Lufttemperatur außen eingetragen (rote Linie).
Abbildung 5: Wirkungsgrad der Heizung (rote Linie: Lufttemperatur außen zwischen -5 °C und 15 °C, Siehe Abbildung 2)
Ergebnisse
- Während der Nachtabsenkung zwischen 22:00 und 06:00 Uhr ist der Wirkungsgrad immer größer als tagsüber. Der Grund ist, dass während der Nachtabsenkung die Vorlauftemperatur und damit die Rücklauftemperatur abfällt und damit die am Wärmetauscher anfallende Menge an Kondenswasser steigt. Das wird in Verbindung mit der Messung der Vor- und Rücklauftemperaturen unten erklärt.
- Der Wirkungsgrad der Heizung folgt dem Trend der Lufttemperatur außen. Mit steigender Lufttemperatur außen steigt der Wirkungsgrad. Auch hier ist der Grund, dass mit steigender Lufttemperatur außen die Vorlauftemperatur und damit die Rücklauftemperatur sinkt.
- Der Wirkungsgrad ist über Mittag immer höher als am Vor- und Nachmittag. Auch hier ist der Grund, dass mittags durch die solare Einstrahlung durch die Südfenster die Raumlufttemperatur innen steigt und damit die Vorlauf- und die Rücklauftemperatur sinkt. Mit der abnehmen Rücklauftemperatur nimmt der Wirkungsgrad zu.
Ausblick:
Die rechnerisch maximal mögliche Einsparung mit einer Brennwert Gastherme ist 10% des Brennwertes von Erdgas und etwa 1,15 kWh.
Auf diesen Wert bezogen kann mit der Messung des Kondensierten Wassermenge der Wirkungsgrad einer Brennwertheizung abgeschätzt werden (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6: Wirkungsgrad und Menge an kondensiertem Wasser schematisch dargestellt
Der Wirkungsgrad einer Brennwertheizung ist von der Temperatur des Rücklaufs abhängig.
Die Temperatur des Rücklaufs ist eine ungeregelte Größe und resultiert aus der Temperatur des Vorlaufs, der Wärmeabgabe der Heizkörper sowie den Wärmeverlusten der Zuleitung des Vorlaufs zu den Heizkörpern.
Bei dem hier berichteten Eigenversuch war der Wirkungsgrad des Brennwertes an Tagen mit Lufttemperaturen außen unter 10°C weniger als 50%.
Damit wären Einsparungen mit der Einstellung der Heizkennlinie in den kalten Monaten November bis Februar nur im unteren 1-stelligen Bereich möglich. Diese können, bedingt durch die große Streuung der Werte, nur über die komplette Heizperiode festgestellt werden, wenn überhaupt.
Einsparungen im 2-stelligen Bereich, auch an kalten Tagen, sind mit einer Nachtabsenkung möglich.
Die Vorlauf- und Rücklauftemperatur der hier untersuchten Heizung wird in Abhängigkeit der Lufttemperatur außen gemessen und mit dem Wirkungsgrad in Verbindung gebracht.
Diese Aussagen sind nur für Brennwert Heizungen gültig, bei denen die Wärmeabgabe über Heizkörper erfolgt. Fußbodenheizungen, die mit geringeren Vorlauftemperaturen betrieben werden, sollten eine geringere Rücklauftemperatur und damit einen höheren Wirkungsgrad haben, was zu prüfen wäre. Für Fußbodenheizungen wäre mit Messungen zu klären, in wieweit eine Nachtabsenkung möglich ist, da der Wärmeübergang vom Fußboden in die Raumluft eine geringere ist, als die eines Heizkörpers. Hinzu kommt die Trägheit des Systems Fußboden.