Heizen – CO2 – Sparen
© by Dr. Engin Bagda

Komfortklima, die gefühlte Raumtemperatur

 

Die Behaglichkeit in einem Raum kann mit der Raumtemperatur TRaum (die auch als operative Temperatur bezeichnet wird) beurteilt werden1,2,3,4]. Die Raumtemperatur setzt sich nach Gleichung 1 annäherungsweise aus der Lufttemperatur TLuft und der Temperatur der Oberflächen TOberfläche zusammen.

Toperativ (TLuft TOberfläche) / 2     [°C]                              (1)

TRaum                  : gefühlte, Raumtemperatur in °C
TLuft                      : Lufttemperatur in °C
TOberfläche         : Strahlungstemperatur in °C
 

Das was wir als „warm“ oder „kalt“ an unserer Haut empfinden, ist die Summe von Wärmeübergängen. Diese resultieren aus der Temperatur der Luft TLuft und der Strahlungswärme der Wände, Fenster, Decke, Boden, Heizkörper und wenn vorhanden eines Kamins. Die Strahlungswärme ist nach dem Gesetz von Stefan-Boltzmann von der vierten Potenz der Temperatur der Oberflächen TOberfläche  in Kelvin (0 °C sind 273 K wie Kelvin) abhängig (Gleichung 2).

qStrahlung  =  ε · σ  · TOberfläche4     [W/m2]                                             (2)

qStrahlung      : Wärmestrahlung der Oberfläche in W/m2
ε                    : Emissionsgrad der Oberfläche dimensionslos
σ                    : Stefan Boltzmann Konstante 5,67 · 10-8  in  W/(m2·K4)
TOberfläche   : Temperatur der Oberfläche in Kelvin K
                         20 °C sind 293 K (273 K + 20 K, da 0°C = 273 K sind)

Jede Oberfläche absorbiert Wärmstrahlung. Der Absorptionsgrad a einer Oberfläche ist ein Maß dafür, wie viel der ankommenden Wärmestrahlung absorbiert wird (Gleichung 3). Der restliche Teil der Strahlung wird reflektiert.

QStrahlung absorbiert  =  a · QStrahlung emittiert   [W/m2]                                     (3)

Nach dem Strahlungsgesetz von Kirchoff ist der Emissionsgrad ε und der Absorptionsgrad a einer Oberfläche gleich.

a = ε

Unsere Haut hat einen Emissions- beziehungsweise Absorptionsgrad von etwa 0,98 5], das heißt 98% der ankommenden Wärmestrahlung werden absorbiert.

Die Haut mit einer Oberflächentemperatur von etwa 32 °C strahlt demnach eine Wärme von:

QStrahlung Haut  0,98 · 5,67 · 10-8 · (32 + 273)4 = 475 W/m2

Eine Fensterscheibe mit einer Oberflächentemperatur von 18 °C strahlt mit einem Emissionsgrad für Glas von ε = 0,9:

QStrahlung Glas  0,90 · 5,67·10-8 · (18 + 273)4 = 366 W/m2

Von dieser Strahlung werden 98% von der Haut absorbiert:

QStrahlungHaut absorbiert = 0,98 · 366 = 359 W/m2

Demnach ist das Strahlungsdefizit an unserer Haut 475 – 359 = 116 W/m2 was wir als „kühl“ empfinden.

Werden die Gardinen oder die Stores zugezogen, nehmen diese annähernd die Lufttemperatur an und das Strahlungsdefizit an der Haut wird minimiert.

Befinden wir uns zwischen der kalten Fensterfläche mit 18 °C und der Innenwand mit Lufttemperatur von 21 °C, so ist an der Stelle, an der wir uns befinden nach Gleichung 1 die gefühlte Raumtemperatur (18 + 21)/2=19,5 °C. Das wird von vielen als ungemütlich empfunden und die Heizung wird höher gestellt. Es ist komfortabler und sparsamer, wenn die Fensterflächen nachts mit einer Gardine verdeckt werden und somit die gefühlte Raumtemperatur steigt.

Ähnlich ist es bei Außenwänden mit einem hohen U-Wert, das heißt hoher Wärmedurchlässigkeit. Bei einer Lufttemperatur außen von 0°C und innen 21 °C ist die Temperatur der Oberfläche einer Außenwand in Tabelle 1 in Abhängigkeit der U-Werte aufgetragen (Berechnung siehe Komfortklima mit Gardinen und Rollläden).

U-Wert

Baujahr

Temperatur der Oberfläche

U-Wert mit 10 cm Dämmung

Temperatur der Oberfläche

1,8

bis 1957

16,1

0,29

20,2

1,4

1958 - 1968

17,2

0,28

20,2

1,0

1969 - 1978

18,3

0,26

20,3

0,8

1979 - 1983

18,8

0,24

20,3

0,6

1984 - 1994

19,3

0,22

20,4

0,5

ab 1995

19,6

0,21

20,4

Tabelle 1: Oberflächentemperaturen in °C von Wänden  nach Baujahren und
mit 10 cm Dämmung mit λ 0,035 W/(m·K)

Davon ausgehend dass nach Fanger3] ein Unterschied von mehr als 2 °C zwischen zwei Flächen als „unbehaglich“ empfunden wird, zeigen die Werte in Tabelle 1, dass bis Baujahr 1983 an Tagen mit Lufttemperaturen unter  0°C die Wohnung unbehaglich ist. Mit 10 cm Dämmung ist bei allen Wohnungen die Oberflächentemperatur knapp unter der Lufttemperatur innen und damit behaglich, komfortabel. Und wie mit dem Rechner gezeigt wir dabei noch erheblich an Kosten und CO2-Emission gespart.

Zum Demonstrieren wie sich die Raumlufttemperatur mit der Strahlungstemperatur der Wände verhält, wurde in einem Bad in einem Gebäude Baujahr 1978 die Strahlungstemperaturen der Wände und die Raumtemperatur zwischen den Wänden gemessen und in Abbildung 1 gezeichnet.

Abbildung 1: Strahlungstemperaturen in einem Bad über einen Tag

In Abbildung 1 ist zu sehen, dass die Strahlungstemperaturen zwischen der Außenwand und Innenwand etwa 2 °C beträgt. An der Innenwand befindet sich ein Flächenheizkörper. Die Solltemperatur beträgt 23°C. Die gemessene Raumtemperatur zwischen den Wänden war tagsüber bei 21,5 °C. In der Nacht, als die Heizung abgeschaltet war, ist die Raumtemperatur parallel mit der Strahlungstemperatur der Außenwand gefallen. Auch wenn in diesem Bad der Unterschied der Strahlungstemperaturen in der Mitte des Raumes nicht mehr als 2°C sind, wird dieser Raum nicht als gut beheizt gefühlt, da in der Nähe der Außenwand es zu kalt und in der Nähe der Innenwand es zu warm ist, obwohl die Lufttemperatur im Raum gleichmäßig verteilt ist. Das soll an dieser Stelle die Bedeutung der Strahlungstemperaturen auf die Behaglichkeit verdeutlichen, was mit Dämmung der Wände und Gardinen an den Fenstern erreicht werden kann.

Literatur

1] W. Richter, „Thermische Behaglichkeit im Niedrigenergiehaus“, dena,    

2] A. Dentel, U. Dietrich, „Thermische Behaglichkeit – Komfort in Gebäuden” DOKUMENTATION PRIMERO  https://rom-umwelt-stiftung.de/wp-content/uploads/2006/02/Dokumentation_Thermische_Behaglichkeit.pdf

3] ISO EN DIN 7730:2006-5 „Ergonomie der thermischen Umgebung - Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit”

4] W. Richter, Handbuch der thermischen Behaglichkeit – Heizperiode- , Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, 2003 https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Schriftenreihe/Forschungsberichte/2003/pdf/Fb991-Auszug.pdf?__blob=publicationFile&v=2

5] William L. Wolfe, George J. Zissis: The Infrared Handbook, Office of Naval Research, Department of Navy, Washington, D.C